Nachdem ich den interessanten Beitrag von Muriel über Heterokarpie gelesen habe, stelle ich hier eine Frage zum Thema. Bei Allium oleraceum fand ich verschiedene Samen, schwarze harte und helle weiche. Ich dachte zuerst, die weichen seien einfach “abverheite”, unbefruchtete Samenanlagen. Aber nachdem ich bei Allium carinatum nur die weichen hellbraunen, und keine schwarzen gefunden habe, bin ich verunsichert. Gibt es eine Erklärung dazu?
6 Antworten
Liebe Maria
Heterokarpie bedeutet ja, dass ein und dieselbe Pflanze verschiedenförmige Samen produziert, die auch keimfähig sind. Um es vorwegzunehmen: Ich glaube nicht, dass dies bei Allium oleraceum der Fall ist.
Ausgangslage: auf deiner Aufnahme sieht man die typischen schwarzen, bananenförmigen Samen von Allium oleraceum. Diese Art ist ein Zwiebel-Geophyt mit sympodialer Verzweigung. Die Art reproduziert sich vegetativ einerseits unterirdisch durch Brutzwiebeln, anderseites oberirdisch durch Bulbillen und generativ durch Samen. Letztere entwickeln sich nur, wenn die Blütchen von bestimmten Insekten bestäubt werden, und sie reifen nur in warmen, nicht zu trockenen Sommern. Auf deiner Aufnahme sind weiters „Samen“ mit anderer Farbe zu sehen, die auch eine etwas andere Form aufweisen.
Erklärung: Hier sind in Wahrheit nicht heteromorphe Samen zu sehen, sondern reife Samen von schwarzer Farbe und unreife Samenanlagen (engl. abortive ovules). Das Phänomen ist gerade bei Allium oleraceum bekannt: jede Fruchtkapsel enthält ursprünglich 6 Samenanlagen, von denen sich aber meist nur 1 oder 2 zu keimfähigen Samen entwickeln. Die restlichen bleiben entweder verkümmert oder entwickeln sich überhaupt nicht, wie dies auf der beigefügten Figur 6 auf Seite 9 der folgenden Studie zu sehen ist:
Quelle: Helena Åström & Carl-Adam Hæggström: Generative reproduction in Allium oleraceum (aus: Annales Botanici Fennici 41: 1–14 Helsinki 27 February 2004)
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AntwortenWeshalb du bei Allium carinatum offensichtlich nur unreife Samenanlagen gefunden hast, kann ich nur vermuten: ausgebliebene Bestäubung, schlechte Umweltbedingungen während der Reifung? Meines Wissens haben alle Allium-Arten schwarze Samen. Somit dürften diese vermeintlichen Samen nicht keimfähig sein. Aber vielleicht weiss sonst jemand mehr dazu.....
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AntwortenLieber Kilian
vielen Dank für deine wie immer sehr aufschlussreichen Erklärungen! Also war meine erste Vermutung richtig.
Nächstes Jahr werde ich Allium carinatum sicher besondere Aufmerksamkeit schenken. Ich bin gespannt, ob ich schwarze Samen finden werde.
Herzlichen Dank @Maria und @Kilian fürs genaue Beobachten und für die Recherchen zum Ross-Lauch (Allium oleraceum)!
Das Verkümmern-lassen von Samenanlagen hat bei verschiedenen Taxa System (Literatur dazu beispielsweise von Stephenson, 2003: Flower and Fruit Abortion: Proximate Causes and Ultimate Functions).
In unserer Flora denke ich z.B. an den Gebräuchlichen Steinsamen (Lithospermum officinale), bei welchem meist nur 1 oder 2 (statt 4) weisse, harte Teilfrüchte ausgebildet sind.
In der "Illustrierten Flora von Mitteleuropa" (Band V, Teil 3, Seite 2153; Ausgabe von 1975) steht zu diesem Thema bei der Gattung Lithospermum:
“Teilfrüchtchen aufrecht, durch Verkümmerung einzelner oft weniger als 4, ...”
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AntwortenLiebe Muriel
auch dir ganz herzlichen Dank für die immer interessanten Ausführungen. So lerne ich immer wieder Neues.
Lieber Kilian, liebe Muriel
Ich bin auch immer wieder begeistert von euren Beiträgen, herzlichen Dank dafür, dass ihr das Forum dadurch bereichert :-)