Bald parat zum Überwintern

Muriel Bendel
Muriel Bendel 14.09.2024

Welche Wasserpflanzen-Art bildet zum Überwintern solche dicht gepackten, keulenförmigen, ca. 3 cm langen Strukturen aus?
Ursprünglicher Standort: Gampelen (BE), stehendes Gewässer.

Parat zum Überwintern. 14.09.2024 (Muriel Bendel)
Die keulenförmigen, dicht gepackten Strukturen sind grün, bräunlich oder rötlich. 14.09.2024 (Muriel Bendel)
Länge knapp 3 cm. 14.09.2024 (Muriel Bendel)

3 Antworten

Liebe Muriel

Hier dürfte es sich um Myriophyllum verticillatum handeln mit seinen keulenförmigen Knospen, den sogenannten Turionen, die sich an den Triebenden bilden und auch auf den Gewässerboden sinken können. Im Frühjahr treiben dann aus diesen Überwinterungsknospen neue Pflanzen aus. Wieder mal wusste der gute alte Hegi Bescheid:

"Andererseits erfolgt die Verbreitung der Myriophyllum«Arten in sehr ausgiebiger Weise auf ungeschlechtlichem Wege durch losgerissene Sprossteile , sowie durch Winterknospen (Turionen oder Hibernakeln), die an den Füssen von Wasservögeln festhaften können. Diese Turionen sind vor allem für M. verticillatum bezeichnend (bei M. spicatum und M. alterniflorum fehlen sie) und entstehen bei dieser Art ……gewöhnlich im Herbst (September, Oktober) am Sprossende oder in den Blattachseln als dunkelgrüne, nach oben keulenförmig verdickte, 5 bis 35 (60) mm lange, sitzende oder gestielte Knospen, von denen die blattachselständigen stets kleiner sind als endständigen. Durch äussere Faktoren kann die Bildung der Turionen beschleunigt oder aber auch verlangsamt werden. Es handelt sich hierbei um umgewandelte Sprosse mit reduzierter, 2 bis 17 mm langer Sprossachse und mit zahlreichen, kleinen, aber ziemlich derben, in 4-zähligen Quirlen dicht gedrängt stehenden Knospenblättern. H.Lorenz konnte in denselben viel Stärke, sowie Spuren von Zucker als abgelagerte Reservestoffe nachweisen. Neben der vegetativen Vermehrung, die auch durch ganze losgelöste Sprosse erfolgt (fruktifizierende Pflanzen sind stellenweise recht selten), dienen sie vor allem der Ueberwinterung. Denn bei Winterbeginn verfaulen die Sprossachsen meist bis auf die überwinternden Turionen, welche dann im Frühjahr (oft schon Ende März) zu neuen Individuen heranwachsen, sodass sich dadurch die Myriophyllum-Arten fast wie 1-jährige Pflanzen verhalten.
Die Bildung der Turionen, die sich von der Mutterpflanze loslösen und dann entweder zu Boden sinken, sich selbst in den Schlamm eingraben oder aber im Wasser frei flottieren (zuweilen werden sie in grosser Menge ans Land geschwemmt), wird durch ungünstige Existenzbedingungen, wie durch niedrige Temperatur, schlechte Ernährung, Unterdrückung der Blütenbildung bei zu tiefem Wasser gefördert.
Endlich funktionieren die Turionen auch als Speicher für Reservestoffe, welche den neuen Individuen als Nahrung dienen."

(Band V, 2  p. 898 in der Einleitung zu den Myriophyllum-Arten)

Genau, herzlichen Dank @Kilian fürs Auflösen des Rätsels!
Es sind die Winterknospen oder Turionen des Quirlblütigen oder Quirl-Tausendblatts (Myriophyllum verticillatum). 

Die Flora von Mitteleuropa ist einmal mehr eine grossartige Quelle mit ihren pingeliggenauen Beschreibungen! 

Die Winterknospen (Turionen) wären ein perfektes "Killer-Kriterium" fürs Quirl-Tausendblatt (Myriophyllum verticillatum), da weder das Ährige Tausendblatt (Myriophyllum spicatum) noch das neophytische Brasilianische Tausendblatt (Myriophyllum aquaticum) solche Überwinterungs-Strukturen ausbilden - nur sieht man die Turionen natürlich kaum bis nie. Deshalb einfach nice-to-know.

Die Ausbildung von Turionen kommt übrigens auch bei anderen Wasserpflanzen-Gattungen vor. Sie scheint eine interessante Anpassungsleistung an den Winter mit seiner Eisbildung auf der Wasseroberfläche zu sein. Dabei lösen sich diese Winterknospen von der Mutterpflanze ab und sinken auf den Grund des Gewässers. Im Tiefenwasser (aufgrund der thermischen Schichtung meist 4 °C) überlebt („überwintert“) die Pflanze so die kalte Jahreszeit und treibt im Frühjahr unter günstigeren Bedingungen wieder aus und gelangt an die Wasseroberfläche.
Weitere Gattungen mit Turionen sind: Wasserpest (Elodea), Teichlinsen (Spirodela), Froschbiss (Hydrocharis), Wasserfalle (Aldrovanda), Wasserschlauch (Utricularia) und Krebsschere (Stratiotes).
Eine tolle Aufnahme über einen austreibenen Turio (von Utricularia bremii) findet sich im einschlägigen Wikipedia-Artikel:
https://de.wikipedia.org/wiki/Turio