Beim dritten Foto (der Rätsel-Blüte) tippe ich auf einen Enzian (Gentiana cf. verna): Zwischen den 5 ausgebreiten Kronblättern finden sich deutlich kleinere, aufrechte Lappen und die ausgebreitete, flächige Narbe ist am Rand gefranst.
Weisslinge sind wirklich toll. Ich habe auch noch ein paar. Deine Viola könnte Viola calcarata sein, die sehe ich sehr oft weiss und auch hin und wieder gelb.
Überdies ist das Albiflora-Phänomen ja auch unter den einheimischen Orchideen verbreitet (man spricht hier auch von apochromen Varianten), wie ich aus eigener Anschauung weiss. Streng genommen darf dabei aber nicht von Albinismus gesprochen werden, da hierbei die grünen Pflanzenteile weiss sind, also kein Chlorophyll produziert wird. Solche echten Albino-Pflanzen dürften denn auch nicht lange überlebensfähig sein, da sie keine Photosynthese betreiben können:
Mir ist übrigens grad eine gelbblühende Art eingefallen, von der ich schon Weisslinge gesehen habe, so z.B. in Oberhofen ;-) Vielleicht kennt jemand noch weitere (?)
Lieber Kilian, im Schlosspark Oberhofen blühen Verbascum blattaria in den Farben gelb, weiss und rosa. Ich habe angenommen, dass es sich um eine Gärtner-Züchtung handelt. Könnte es sich also um “künstliche” Weisslinge handeln?
Zudem habe ich vor einigen Jahren dort Samen stibitzt und sie in meinem Garten ausgesät. Anfänglich hatte ich Exemplare von allen Farben. In den letzten Jahren habe ich - durch Selbstaussaat - nur noch weissblühende. Ob es dazu eine Erklärung gibt?
Der Einwand ist berechtigt, denn tatsächlich scheinen manche Gärtner geradezu eine Manie für weissblühende Arten entwickelt zu haben und nichts anderem als solchen Einlass in ihren Garten geben zu wollen. Ich gehe davon aus, dass sich die weisse Blütenfarbe (wenn man denn hier überhaupt von Farbe sprechen darf), durch Auslese bewusst züchten lässt, auch bei Arten, wo das in der Natur kaum bzw. extrem selten vorkommt. So fand ich grad reinweisse Exemplare von Delphinium elatum oder Dictamnus albus im Online-Angebot des Gartenhandels, etwas, was ich in der Natur nun wirklich noch nie gesehen habe (Das Art-Epitheton “albus” beim Diptam nimmt Bezug auf die Wurzeln, nicht auf die Blütenfarbe!). Aber der Mensch gibt sich ja notorisch nicht zufrieden mit dem, was natürlicherweise vorkommt. Wir aber sprechen hier von natürlichen Albiflora-Varianten, sonst könnten wir die Weisslingsliste unbeschränkt weiterführen und auf alle blau-oder rotblühenden Arten ausdehnen.
Um wieder auf Verbascum blattaria zurückzukommen, so glaube ich, dass bei ihr die Blütenfarbe von Natur aus tatsächlich spontan umschlagen kann. Gustav Hegi schreibt im Kleingedruckten ganz am Ende der Beschreibung dieser Art (Dr. G. Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa, Bd. VI 1, pag. 10):
„Diese Spezies ist wie alle Königskerzen wenig veränderlich. Beobachtet wurden folgende Formen: f. erubescens Brügger. Blütenstand drüsig-flaumig. Blumenkrone weiss, violett überlaufen. — f. glabrum (Mill.) Rchb. Pflanze kahl. Blumenkrone weiss, violett überlaufen. Beide Formen wurden in der Schweiz beobachtet.“
So auch von mir, z.B. ruderal auf dem Bahnhof von Kerzers, wo ich jetzt mal gärtnerisches Wirken ausschliessen möchte. Neben den üblichen gelben Exemplaren, sah ich dort auch etliche Weisslinge derselben Art. Eine Foto anbei. Dass du in Oberhofen auch rosa Exemplare gesehen hast, erkläre ich mir folgendermassen: bei V. blattaria ist die Krone zwar gelb, aussen aber rötlich überlaufen (Hegi nennt das “rostrot”). Bei Fehlen der gelben Blütenfarbe, scheint dann diese Farbe durch und kann diesen rosa Ton erzeugen. Aber ich weiss: ich schreibe freihändig, bin weder Gärtner noch Genetiker. Ist einfach meine Meinung dazu.
Nicht unerwähnt soll bleiben, dass auch die violettblütige Verbascum phoeniceum ausnahmsweise eine weisse Krone bilden kann. Sie sieht V. blattaria etwas ähnlich. Bemerkenswert finde ich, dass auf der entsprechenden Illustration im Hegi just dieser Weissling von V. phoeniceum gezeigt wird (Tafel 234). Ich füge diese Illustration unten an, wobei phoeniceum die zweite von links ist (links davon ist V. nigrum zu sehen, rechts davon V. lychnitis, dann V. thapsiforme).
Und dann gibt es da noch diese Arten, wo die Abänderung der Blütenfarbe quasi System hat und manchmal mehr weisse Blüten zu sehen sind als blaue. Ob man da noch von Weisslingen sprechen kann? Offenbar ist dies Farbmerkmal genetisch weniger stabil bei solchen Taxa wie Krokus, Lerchensporn, Apenninen-Windröschen, Breitblatt-Glockenblume und Nessel-Glockenblume, von der ich auch Stellen kenne, wo die weissblütigen dominieren.
Spontan und aufgrund der Blätter im Hintergrund (aber ob zu ihr gehörig?) hätte ich jetzt mal auf Cirsium rivulare getippt, aber die vielen Hochblätter im Blütenstand irritieren (nebst der Farbe!) bei näherem Hinsehen dann schon….
Daher habe ich auch schon an eine Hybridform gedacht, die es in der Gattung durchaus auch gibt, z.B. mit Cirsium oleraceum, die dann auch für den Farbumschlag verantwortlich wäre:
Lieber Kilian, so weit habe ich noch gar nicht gedacht. Und leider weiss ich auch nicht mehr, wie der Fundort aussah, feucht oder trocken, was auch einen Hinweis geben könnte. Vielen Dank für die Erklärung.
23 Réponses
Wow, herzlichen Dank für die eindrückliche Weisslinge-Sammlung, @Maria!
Mein klarer Favorit: Abbisskraut (Succisa pratensis) in weiss, mit lila Staubbeuteln. Sehr chic.
Beim dritten Foto (der Rätsel-Blüte) tippe ich auf einen Enzian (Gentiana cf. verna): Zwischen den 5 ausgebreiten Kronblättern finden sich deutlich kleinere, aufrechte Lappen und die ausgebreitete, flächige Narbe ist am Rand gefranst.
Lieber Gruss, Muriel
Weisslinge sind wirklich toll. Ich habe auch noch ein paar.
Deine Viola könnte Viola calcarata sein, die sehe ich sehr oft weiss und auch hin und wieder gelb.
Daphne mezerum wächst im Unterengadin wie angesät, auf über 10'000 gesichtete Exemplare habe ich aber erst einen einzigen Weissling gesehen.
Und aus dem Wallis kann ich berichten, dass es dort auch vereinzelte weisse Lichtblumen und recht häufig weissblütige Leberblümchen zu sehen gibt :-)
Mir fällt auf, dass all diese Weisslinge zu blau bis rot blühenden Arten gehören. Auch unser Nachbarforum zeigt nur solche Arten:
Austria-Forum: Albino-Pflanzen
Weiss jemand, weshalb das so ist, oder gibt es solche Weisslinge auch unter gelbblühenden Pflanzen?
Überdies ist das Albiflora-Phänomen ja auch unter den einheimischen Orchideen verbreitet (man spricht hier auch von apochromen Varianten), wie ich aus eigener Anschauung weiss. Streng genommen darf dabei aber nicht von Albinismus gesprochen werden, da hierbei die grünen Pflanzenteile weiss sind, also kein Chlorophyll produziert wird. Solche echten Albino-Pflanzen dürften denn auch nicht lange überlebensfähig sein, da sie keine Photosynthese betreiben können:
Christian Gnägi: Albinismus und Albiflora-Varietäten
Albiflora is dedicated to the science and aesthetics of white-flowered variations of European orchids
Es gibt zudem Hinweise, dass weissblühende Varietäten mehr sein könnten als bloss eine Laune der Natur:
Albiflora-Pflanzen beeinflussen naive Bestäuber
Extrem spannend, was du da alles gefunden hast und uns allen zugänglich machst. Ganz herzlichen Dank, lieber Kilian!
Mir ist übrigens grad eine gelbblühende Art eingefallen, von der ich schon Weisslinge gesehen habe, so z.B. in Oberhofen ;-) Vielleicht kennt jemand noch weitere (?)
Lieber Kilian, im Schlosspark Oberhofen blühen Verbascum blattaria in den Farben gelb, weiss und rosa. Ich habe angenommen, dass es sich um eine Gärtner-Züchtung handelt. Könnte es sich also um “künstliche” Weisslinge handeln?
Zudem habe ich vor einigen Jahren dort Samen stibitzt und sie in meinem Garten ausgesät. Anfänglich hatte ich Exemplare von allen Farben. In den letzten Jahren habe ich - durch Selbstaussaat - nur noch weissblühende. Ob es dazu eine Erklärung gibt?
Liebe Maria
Der Einwand ist berechtigt, denn tatsächlich scheinen manche Gärtner geradezu eine Manie für weissblühende Arten entwickelt zu haben und nichts anderem als solchen Einlass in ihren Garten geben zu wollen. Ich gehe davon aus, dass sich die weisse Blütenfarbe (wenn man denn hier überhaupt von Farbe sprechen darf), durch Auslese bewusst züchten lässt, auch bei Arten, wo das in der Natur kaum bzw. extrem selten vorkommt. So fand ich grad reinweisse Exemplare von Delphinium elatum oder Dictamnus albus im Online-Angebot des Gartenhandels, etwas, was ich in der Natur nun wirklich noch nie gesehen habe (Das Art-Epitheton “albus” beim Diptam nimmt Bezug auf die Wurzeln, nicht auf die Blütenfarbe!). Aber der Mensch gibt sich ja notorisch nicht zufrieden mit dem, was natürlicherweise vorkommt. Wir aber sprechen hier von natürlichen Albiflora-Varianten, sonst könnten wir die Weisslingsliste unbeschränkt weiterführen und auf alle blau-oder rotblühenden Arten ausdehnen.
Um wieder auf Verbascum blattaria zurückzukommen, so glaube ich, dass bei ihr die Blütenfarbe von Natur aus tatsächlich spontan umschlagen kann. Gustav Hegi schreibt im Kleingedruckten ganz am Ende der Beschreibung dieser Art (Dr. G. Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa, Bd. VI 1, pag. 10):
„Diese Spezies ist wie alle Königskerzen wenig veränderlich. Beobachtet wurden folgende Formen: f. erubescens Brügger. Blütenstand drüsig-flaumig. Blumenkrone weiss, violett überlaufen. — f. glabrum (Mill.) Rchb. Pflanze kahl. Blumenkrone weiss, violett überlaufen. Beide Formen wurden in der Schweiz beobachtet.“
So auch von mir, z.B. ruderal auf dem Bahnhof von Kerzers, wo ich jetzt mal gärtnerisches Wirken ausschliessen möchte. Neben den üblichen gelben Exemplaren, sah ich dort auch etliche Weisslinge derselben Art. Eine Foto anbei. Dass du in Oberhofen auch rosa Exemplare gesehen hast, erkläre ich mir folgendermassen: bei V. blattaria ist die Krone zwar gelb, aussen aber rötlich überlaufen (Hegi nennt das “rostrot”). Bei Fehlen der gelben Blütenfarbe, scheint dann diese Farbe durch und kann diesen rosa Ton erzeugen. Aber ich weiss: ich schreibe freihändig, bin weder Gärtner noch Genetiker. Ist einfach meine Meinung dazu.
Nicht unerwähnt soll bleiben, dass auch die violettblütige Verbascum phoeniceum ausnahmsweise eine weisse Krone bilden kann. Sie sieht V. blattaria etwas ähnlich. Bemerkenswert finde ich, dass auf der entsprechenden Illustration im Hegi just dieser Weissling von V. phoeniceum gezeigt wird (Tafel 234). Ich füge diese Illustration unten an, wobei phoeniceum die zweite von links ist (links davon ist V. nigrum zu sehen, rechts davon V. lychnitis, dann V. thapsiforme).
Und dann gibt es da noch diese Arten, wo die Abänderung der Blütenfarbe quasi System hat und manchmal mehr weisse Blüten zu sehen sind als blaue. Ob man da noch von Weisslingen sprechen kann? Offenbar ist dies Farbmerkmal genetisch weniger stabil bei solchen Taxa wie Krokus, Lerchensporn, Apenninen-Windröschen, Breitblatt-Glockenblume und Nessel-Glockenblume, von der ich auch Stellen kenne, wo die weissblütigen dominieren.
Noch einer
Die nächsten vier
Zwei weitere Vertreter der weissen Zunft:
Tolle Fotos! Aber die Campanula barbata würde ich doch anzweifeln ;-)
Oje, merci fürs genaue Hinsehen: hab's korrigiert!
Noch zwei Weisslinge entdeckt bei meinen Fotos: ein Calluna vulgaris und eine nicht näher bestimmte Distel.
Spontan und aufgrund der Blätter im Hintergrund (aber ob zu ihr gehörig?) hätte ich jetzt mal auf Cirsium rivulare getippt, aber die vielen Hochblätter im Blütenstand irritieren (nebst der Farbe!) bei näherem Hinsehen dann schon….
Daher habe ich auch schon an eine Hybridform gedacht, die es in der Gattung durchaus auch gibt, z.B. mit Cirsium oleraceum, die dann auch für den Farbumschlag verantwortlich wäre:
https://flora.nhm-wien.ac.at/Seiten-Arten/Cirsium-hybride.htm
Lieber Kilian, so weit habe ich noch gar nicht gedacht. Und leider weiss ich auch nicht mehr, wie der Fundort aussah, feucht oder trocken, was auch einen Hinweis geben könnte. Vielen Dank für die Erklärung.
Noch so ein purpurrot Blühender, der auch in Weiss kann.
Immer etwas Besonderes: ein Gelbblüher, der in Weiss macht.
und noch zwei weitere von gestern.