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Senecio incanus

Senecione biancheggiante

Morphologie

Generative Merkmale

  • Blüten

    • Stängel mit 3–15 Blütenkörbchen. 
    • Blütenkörbchen im Durchmesser (mit den Zungenblüten) 1–2 cm. 
    • Hüllblätter filzig behaart. 
    • Innere Hüllblätter 6–10, lanzettlich, mit einer kurzen, roten Spitze.
    • Zungen- und Röhrenblüten sattgelb bis orange. 
    • 3–6 Zungenblüten pro Körbchen. 

    Senecio incanus (= Jacobaea incana) bei Zermatt (Simon Crameri)

    Piz Clünas (GR), 29.7.2021 (Muriel Bendel)

    Piz Clünas (GR), 29.7.2021 (Muriel Bendel)

    Evolène (VS), 27.7.2012 (wolfgang bischoff)

    Riffelberg (VS), 21.7.2008 (Muriel Bendel)

  • Früchte

    Achänen, Pappusborsten rau.

Vegetative Merkmale

  • Wuchsform, Stängel

    • Pflanze ausdauernd, Hemikryptophyt.
    • 5–15 cm hoch, Stängel und Blätter dicht weiss- oder graufilzig behaart (Blätter teilweise verkahlend). 
  • Blätter

    • Blätter wechselständig, breit lanzettlich bis lanzettlich, dicht behaart, in einen Stiel verschmälert, Stiel am Grund ohne Öhrchen.
    • Blattspreite fast ganzrandig, gebuchtet bis fiederteilig; die Abschnitte ganzrandig, teilweise gebuchtet bis fiederteilig. 

    Piz Clünas (GR), 29.7.2021 (Muriel Bendel)

    Piz Clünas (GR), 29.7.2021 (Muriel Bendel)

Mögliche Verwechslung

Bei Hallers Greiskraut (Senecio halleri) trägt der Stängel einen einzigen grösseren Blütenkopf (Durchmesser 2–3 cm), der ca. 20 innere Hüllblätter und 7–20 Zungenblüten aufweist.

Evolution

Es wurde aufgrund der Morphologie und geographischen Verbreitung lange vermutet, dass die Unterart S. incanus subsp. insubricus ein Hybrid zwischen S. incanus subsp. incanus im Westen und S. incanus subsp. carniolicus im Osten sein könnte (siehe z.B. Merkblatt Artenschutz S. incanus subsp. insubricus). Diese Hypothese wurde allerdings von Suda et al. (2007) und Escobar García et al. 2012 aufgrund zytologischer und genetischer Untersuchungen verworfen. Wie sich herausgestellt hat, ist Senecio incanus subsp. insubricus diploid (mit 2n=2x=40 Chromosomen in einer somatischen Zelle), während Populationen von S. incanus subsp. carniolicus unterschiedliche Ploidiestufen aufweisen (2n={2x, 4x, 5x, 6x, 7x}), die teilweise zusammen vorkommen, wobei die hexaploiden (2n=6x=120) am weitesten verbreitet zu sein scheinen (Suda et al. 2007). Kreuzungsexperimente haben ferner gezeigt, dass Kreuzungen zwischen diploiden und polyploiden Individuen zu erheblich reduzierter Fitness führt (d.h. kaum reproduzierfähige Nachkommen), während Kreuzungen zwischen tetraploiden und hexaploiden zu pentaploiden Individuen führt, die sich ihrerseits vermehren können und auch eine ähnliche Fitness wie ihre Eltern aufweisen (Sonnleitner et al. 2013). Ausserdem ähnelt die Chloroplasten-DNA sowie nukleäre DNA von S. incanus subsp. insubricus jener von S. incanus subsp. carniolicus viel mehr als jener von S. incanus subsp. incanus (Escobar García et al. 2012).

Dies hat zur Schlussfolgerung geführt, dass S. incanus subsp. insubricus kein Hybrid zwischen den anderen beiden Unterarten sein kann, und dass S. incanus subsp. carniolicus möglicherweise ein Komplex mit mehreren Arten unterschiedlicher Ploidiestufen darstellt.

Taxonomie und Nomenklatur

Gemäss der Flora Helvetica Checklist 2017 wird in der Schweiz offiziell das Konzept Senecio incanus L. mit drei Unterarten verwendet:

Diese Taxonomie entspricht jener von Österreich, weicht aber von jener Italiens ab, die neueren Erkenntnissen (siehe Abschnitt “Evolution”) und Artkonzepten folgt. Flatscher et al. (2015) haben viele Populationen unterschiedlicher Poloidiestufen morphologisch untersucht und postuliert, dass fünf Arten auf der Basis von Morphologie, Karyotyp bzw. Ploidiestufe, Reproduktionsbarrieren und geographischer Verbreitung unterschieden werden können (siehe Abschnitt Evolution). Die Autoren sehen Senecio incanus als eine Westalpine/Appenninische Art an, fassen S. carniolicus und S. insubricus je als eigenständige Arten auf (statt Unterarten), und beschrieben zwei weitere Arten, die zusammen den Komplex S. carniolicus s. lat. stellen:

Ferner haben Galasso & Bortolucci (2015) die oben aufgeführten neuen Arten bzw. Kombination aufgrund phylogenetischer Untersuchungen in die Gattung Jacobaea gestellt, zu der gemäss POWO alle oben genannten Arten gehören.

Die scheinbar fehlende reproduktive Isolation zwischen tetraploiden Jacobaea disjuncta und hexaploiden J. carniolica (Sonnleitner et al. 2013, Flatscher et al. 2015) sowie deren morphologische Ähnlichkeit (wie auch die Ähnlichkeit zwischen J. incana und J. insubrica) könnte mit als Grund angesehen werden, weshalb nicht alle Florenwerke diese Arten akzeptieren und stattdessen am “alten” System  festhalten.

Quellen

  • Escobar García, P., Winkler, M., Flatscher, R., Sonnleitner, M., Krejčíková, J., Suda, J., Hülber, K., Schneeweiss, G.M. & Schönswetter, P. (2012) Extensive range persistence in peripheral and interior refugia characterizes Pleistocene range dynamics in a widespread Alpine plant species (Senecio carniolicus, Asteraceae). Molecular Ecology, 21: 1255–1270.
    https://doi.org/10.1111/j.1365-294X.2012.05456.x
  • Flatscher, R., García, P. E., Hülber, K., Sonnleitner, M., Winkler, M., Saukel, J., Schneeweiss, G.M. & Schönswetter, P. (2015). Underestimated diversity in one of the world’s best studied mountain ranges: the polyploid complex of Senecio carniolicus (Asteraceae) contains four species in the European Alps. Phytotaxa, 213, 1–21.
    https://doi.org/10.11646/phytotaxa.213.1.1
  • Galasso, G., & Bartolucci, F. (2015). Four new combinations in Jacobaea Mill. (Asteraceae, Senecioneae) for the European flora. Natural History Sciences, 2(2), 95–96.
    https://doi.org/10.4081/nhs.2015.246
  • Hess, H.E., Landolt, E., Hirzel, R. 1980: Flora der Schweiz, Band 3. Springer Verlag
  • Sonnleitner, M., Weis, B., Flatscher, R., García, P.E., Suda, J., Krejčíková, J., Schneeweiss, G.M., Winkler, M., Schönswetter, P. & Hülber, K. (2013) Parental ploidy strongly affects offspring fitness in heteroploid crosses among three cytotypes of autopolyploid Jacobaea carniolica (Asteraceae). PLoS ONE, 8: e78959.
    http://dx.doi.org/10.1371/journal.pone.0078959
  • Suda, J., Weiss-Schneeweiss, H., Tribsch, A., Schneeweiss, G. M., Trávníček, P., & Schönswetter, P. (2007). Complex Distribution Patterns of Di-, Tetra-, and Hexaploid Cytotypes in the European High Mountain Plant Senecio carniolicus (Asteraceae). American Journal of Botany, 94(8), 1391–1401.
    http://www.jstor.org/stable/27733309

Autor*in: Simon Crameri, Muriel Bendel
Stand: 7. August 2022