• Systematik
  • Eudicotyledonae
  • Onagraceae
  • Oenothera
  • Oenothera biennis aggr.

Oenothera biennis aggr.

Zweijährige Nachtkerze Artengruppe

Morphologie

Generative Merkmale

  • Knospen

    • Spitzen der Kelchblätter berühren sich am Grund (an jungen Knospen beurteilen!)
    • Knospen jung meist grün, später oft rot überlaufen, gestreift oder beringt.
    • Kelchblätter resp. Knospen +/- borsten- und drüsenhaarig.
    • Je nach Art länger oder kürzer.

    Spitzen der Kelchblätter, die sich bis zum Grund berühren, Knospe rot überlaufen und lang (Lorenz Scherler)

    Spitzen der Kelchblätter, die sich am Grund berühren aber oben leicht offen sind, Knospe grüne Färbung und kurz (Lorenz Scherler)

    Öffnende Knospe Abends. (Lorenz Scherler)

  • Blüten

    • Blütenstand eine aufrechte, vielblütige Traube.
    • 4 Kelchblätter.
    • 4 gelbe,  1.5–6 cm lange Kronblätter.
    • Kronblätter länger als die Staubblätter.
    • Fruchtknoten unterständig.
    • Achsenbecher (Hypanthium) deutlich länger als der Fruchtknoten.
    • Staubblätter 8, Pollen mit klebrigen Fäden miteinander verbunden. 
    • Blüten öffnen sich abends innert Minuten und verwelken am nächsten Tag rasch.
    • Nach dem Öffnen stark duftend.

    Traubiger Blütenstand mit Kronblattlänge 50 mm (Lorenz Scherler)

    Blütenstand mit Fruchansätzen (Lorenz Scherler)

    Blüten frühmorgens um 6h…. (Lorenz Scherler)

    ….und gleiche Population Nachmittags 16h (Lorenz Scherler)

  • Früchte

    • Vierklappige, vielsamige Kapseln.
    • Samen ohne Haarschopf.

Vegetative Merkmale

  • Wuchsform / Stängel

    • Bildet im ersten Jahr eine grundständige Blattrosette mit am Boden anliegenden Blättern.
    • Aufrechter Wuchs und Blüte erst im zweiten Jahr, meist verzweigt, bis 1.5 m hoch, Höhe sehr variabel, Hauptachse stets kräftiger.
    • Stängel und Blütenstandsachse mit oder ohne rote Punkte.
    • Stängel +/- borsten- und drüsenhaarig.

    Stängelabschnitt rot überlaufen, Drüsen- und Borstenhaare, rote Punkte an der Basis der Drüsenhaare (Lorenz Scherler)

    Stängelabschnitt grün mit wechselständigen Blättern, Drüsen- und Borstenhaaren, wenigen rote Punkten (Lorenz Scherler)

    Population mit unterschiedlicher Wuchshöhe, jedoch vermutlich gleicher Art (Lorenz Scherler)

    Population mit grossblütiger, niedriger Art (Kronblatt 50 mm) und hochwüchsiger, eher kleinblütiger Art (Kronblatt 25 mm) (Lorenz Scherler)

  • Blätter

    • Rosettenblätter lang gestielt.
    • Stängelblätter kurz gesteilt oder fast sitzend, wechselständig.
    • Blätter lanzettlich mit markantem Mittelnerv, dieser weiss bis rot.
    • Blätter ganzrandig bis gezähnt, teilweise bucklig oder querrunzelig.

    Rosettenblatt, gezähnter Blattrand, lang gestielt, Hauptnerv weiss (Lorenz Scherler)

    Stängelblatt, kurz gestielt, Hauptnerv leicht rot überlaufen (Lorenz Scherler)

Mögliche Verwechslung

Die Kleinblütige Nachtkerze (Oenothera parviflora aggr.) zeigt meist kleinere Kronblätter mit weniger als 1.5 cm Länge und ihr Blütenstand kann auch nickend sein. Die Endzipfel der Kelchblätter stehen entfernt und berühren sich am Grund nicht.

Lebensraum

Nachtkerzen (Oenothera sp.) sind anspruchslos in ihrer Standortwahl und besiedeln Ruderalflächen, Böschungen und Ackerbrachen vorzugsweise in der kollinen und montanen Stufe. 

Taxonomie

Die derzeit rund 70 bekannten Arten der Nachkerzen in Europa sind überaus anspruchsvoll zu bestimmen und ein Tätigkeitsfeld für Spezialisten. Viele Merkmale sind sehr veränderlich, so dass rein morphologische Anhaltspunkte oft für eine sichere Bestimmung nicht ausreichend sind. Die Ausprägung der morphologischen Merkmale kann je nach Standort für ein und dieselbe Gattung in derselben Sippe unterschiedlich oder gar gegenteilig ausfallen. Dazu gehören besonders die roten Farbtöne, welche z.B. an einem schattigen Standort fehlen können, aber ebenso sind Wuchshöhe und Kronblattlänge überaus variabel. 

Etymologie

Lat: biennis: zweijährig

Trivialnamen: Gelber Nachtschatten, Nachtschlüsselblume, Schinkenwurz

Ethnobotanik

Ursprünglich im 17. Jahrhundert in Europa als Zierpflanze aus Nordamerika eingeführt, breitete sich die Art durch Verwilderung aus. Bereits 1619 gelangte die Art in die Hände des Basler Botanikers Caspar Bauhin (1560–1624). Heute wird das Gewächs oft als einheimische Art wahrgenommen. Die Zweijährige Gewöhnliche Nachtkerze (Oenothera biennis aggr.) wurde bis Ende des 19. Jahrhunderts als Gartengemüse angepflanzt. Verwertet wurde die blass-rotfleischige Wurzel im Herbst, wobei diese aus der Blattrosette gewonnen werden musste. Die Wurzel schnitt man in dicke Scheiben und bereitete sie mit Essig und Öl als Salat zu oder man kochte sie in Fleischbrühe und erhielt so ein Gemüse, welches der Schwarzwurzel ähnelte. Hegi (1926) berichtet, dass die Art noch im 20. Jahrhundert im Emmental als Friedhofbepflanzung beliebt gewesen sei. Lange gehörte die Gewöhnliche Nachtkerze zum typischen Bauerngarten, wo sie gelegentlich auch heute noch als Zierpflanze gefunden werden kann. Die Kronblätter werden bisweilen immer noch als dekorative Auflage zu Salaten verwendet.

Quellen

Müller, F. et al. 2021: Rothmaler Exkursionflora Grundband, Springer, 22. Auflage

Eggenberg, S. et al. 2013: Flora Vegetativa, Haupt, 3. Auflage

Hegi, G. 1926: Illustrierte Flora von Mitteleuropa, III. Band Dicotyledones, J.F. Lehmanns 

https://de.wikipedia.org/wiki/Gemeine_Nachtkerze, Abgerufen am 18.07.2022

Autor*in: Lorenz Scherler
Stand: 19. Juli 2022

Forum

Diskussionen der Community

Nachtkerzen Blütenteile (Oenothera biennis aggr.)

Hallo zäme

Von Muriel habe ich zu dem Begriff Achsenbecher/Hypantium eine erklärende Skizze aus dem Buch von Foko Weberling erhalten. Ich habe versucht, dies an einer offenen Blüte einer Nachtkerze nachzuvollziehen. Dazu galt es erst mal, den sehr langen Achsenbecher zu sektionieren, ohne allerdings den Griffel zu verletzen. Das ist ziemlich gut gelungen und ich möchte Euch die Bilder nicht vorenthalten. Soweit ich im Rothmaler gesehen habe, sind die gezeigten Merkmale für die Bestimmung der Arten innerhalb der Aggregate zum Teil von Interesse, resp. entscheidend.

Bestäuber sind ja bei den Oentohera sp. in erster Linie Nachtfalter. Frühmorgens habe ich aber mindestens auch Honigbienen und Schwebfliegen beobachten können, die sich für die Blüten zu interessieren scheinen. Während die Honigbiene immer auf den Grund der Blüte vordringt und sich wohl für die Nektardrüsen am Grund des (Blüten-)Achsenbechers interessieren würde (aber natürlich nicht hinkommt), delektiert sich die Schwebfliege meist an den Pollenkörnern. Diese sind übrigens mit Fäden verbunden. Dies ist auf dem Bild der vierteiligen Narbe grad noch zu erkennen. Es führt auch dazu, dass Besucher-Insekten bisweilen mit einem ganzen Spinnwebnetz aus Pollen von dannen ziehen…wohl für sie eher lästig als sonst was.

Da die Begriffe vielleicht für viele von uns nicht alltäglich sind, erlaube ich mir (auf die Gefahr hin, den Kenner damit zu nerven), diese Bilder kurz zu präsentieren.

Herzliche Grüsse

Lorenz

zur Diskussion